Von der Kawasaki Z650 zur Zephyr 750

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Peter
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Von der Kawasaki Z650 zur Zephyr 750

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History

Von der Kawasaki Z650 zur Zephyr 750
Kawasaki Z650

DER HERAUSFORDERER

Nur vier Jahre nach dem Erscheinen der legendären 900Z1 Super Four holt
Kawasaki zum zweiten Schlag auf die Viertaktwelt aus.
Zur IFMA 1976 präsentiert man die Z650 – der Startpunkt für eine neue Modellreihe.


Anfang der Siebzigerjahre ist die Motorradwelt komplett in Aufruhr. Motorräder sind
wieder absolut in, Zweitakt-Motoren hingegen allmählich out – von einigen
standfesten Vertretern dieser Motorengattung mal abgesehen. Auch Kawasaki
befindet sich im Umbruch. Wenn auch das Zweizylinder-Viertaktmodell W1 nebst
Nachfolgern Ende der Sechziger nur wenig erfolgreich war, startet man trotzdem
durch. Mit der zur IFMA 1972 präsentierten 900Z1 (Super Four) beschreitet man
neue Wege, und das nicht nur motorentechnisch.

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In den USA etwa wird ein komplett neues Vertriebsnetz mit großen Zentralen an der
Ost- wie Westküste installiert, der Budgetaufwand für Vertrieb und Marketing
übersteigt alles bislang Dagewesene auf dem Motorradmarkt. Kein Wunder bei
einem Land, das allein aufgrund seiner Größe und der sehr unterschiedlichen
Besiedelung für jeden Vertrieb eine besondere Herausforderung darstellt. Die
Weltpremiere zur IFMA in Köln 1972 wird zur Supershow, das Bike ist stets dicht
umlagert. Der Aufwand, den Kawasaki weltweit betreibt, wird belohnt. Auf den
großen Märkten in Europa und in Nordamerika wird die Z1 zum riesigen Verkaufserfolg.
Der damalige Deutschland-Importeur Detlev Louis kann schon im ersten Jahr (1973)
rund 2500 Einheiten absetzen, und das zu einem Preis von 7200 DM. Die
Nachfolgemodelle Z1A (1974) und Z1B (1975) toppen das Ganze noch mal mit rund
1000 Stück mehr, trotz des um 1300 DM gestiegenen Kaufpreises. Kawasaki hat alles
richtig gemacht, auch in den USA sind die Leute wie besessen von diesem Bike.
In Deutschland wächst der Marktanteil Kawasakis erstmals auf rund fünf Prozent.
Der Viertaktzug ist ins Rollen gekommen.

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Noch im Herbst 1973 bläst Kawasaki in den USA zur zweiten Attacke. Parallel zum
Superbike-Image der Z1 will man ein alltagstaugliches Konzept mit deutlich weniger
Hubraum und Leistung, stattdessen geringerem Kraftstoffverbrauch und einfacherer
Bedienbarkeit lancieren: die Z400 (D). In den US-Zeitschriften werden Anzeigen
geschaltet, die zwei Herren im Anzug mit Aktenkoffern auf der Z400 beim Pendeln
zur Arbeit (Commuting) zeigen und dabei gerade einen voll besetzten Linienbus
überholen. „More Smiles per Gallon“ (mehr Lächeln pro Gallone/3,8 Liter) heißt der
Slogan, die Leute im Bus und auch die beiden Fahrer haben ein breites Grinsen im
Gesicht. Dieses Bike ist erst der Anfang, parallel zu der sportlichen auch eine
alltagstaugliche Modellschiene bei Kawasaki zu implantieren. Die Nachwirkungen
des Kultfilms „On any Sunday“ (für den Oscar nominierter Dokumentarfilm über die
Motorradszene in den USA mit Steve McQueen) zeigen klare Auswirkungen. Die
Öffentlichkeit in den USA steht zu diesem Zeitpunkt dem Thema Motorrad
wesentlich aufgeschlossener gegenüber als etwa in Deutschland, wo man das
Rocker- und Rebellen-Image noch nicht ad acta gelegt hat. Die Z400D2 ist 1975
auch das erste Bike, das im neuen Kawasaki-Werk in Lincoln/Nebraska vom Band läuft.

Szenenwechsel. Deutschland, ein Jahr später. Motorräder sind weiterhin auf
Erfolgskurs. Kawasaki hat eine eigene deutsche Niederlassung, die Kawasaki
Motoren GmbH, in der Berner Straße 40-44 in Frankfurt gegründet. Präsident ist der
schon ins Projekt Z1 eingebundene Verkaufs- und Vertriebsspezialist Osamu Sam
Tanegashima. Zur IFMA in Köln wird die zweite große Entwicklungsstufe des dicken
Vierzylinders gezündet, die Z1000. Nicht weit davon entfernt steht ein sehr leicht
wirkendes neues Vierzylinder-Viertaktmotorrad, die Z650. Auf den ersten Blick die
Bonsai-Ausgabe des großen Reihenvierers, entpuppt sich die 650er schnell als
komplette Neuentwicklung. Kein Geringerer als Z1-Ingenieur Gyoichi Ben Inamura
hat auch hier Hand angelegt und ein weiteres epochales Motorrad auf die Räder
gestellt. Wichtigster Unterschied beim Motor ist die gleitgelagerte Kurbelwelle, die
geringere Geräuschentwicklung, mehr Standfestigkeit, längere Lebensdauer und
niedrigere Produktionskosten garantiert. Ein weiteres wichtiges
Unterscheidungsmerkmal ist der Primärtrieb, der hier über eine Mehrfachzahnkette
mit Vorgelegewelle statt über geradverzahnte Zahnräder erfolgt. Hinzu kommt eine
Änderung am Ventiltrieb: Die 650er hat die Einstellplättchen (Shims) zur Justierung
des Ventilspiels nicht mehr wie bei 900er und 1000er zwischen Tassenstößel und
Nockenwelle, sondern zwischen Tassenstößel und Ventilschaft platziert. Somit
geraten die Shims deutlich leichter, sitzen besser fixiert im Tassenstößel und
versprechen so mehr Drehzahlfestigkeit.

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Das ist auch wichtig, denn Drehzahlen sind ein Rezept, um der meist
hubraumstärkeren Konkurrenz ein Schnippchen zu schlagen. Vor allem auf
kurvenreicher Strecke macht die handliche, rund 220 Kilogramm (vollgetankt)
leichte Z650 (B1) dem Markennamen Kawasaki alle Ehre. Bereits ab 3000/min
bietet die kurz übersetzte Maschine ordentlich Leistung, ab 6000/min wird
dann noch mal richtig nachgeladen bis zum roten Bereich, der bei 9000/min beginnt.
66 Vollblutpferde werden bei 8500/min in den strammen Galopp geschickt,
193 km/h Spitze sind möglich. In nur 5,2 Sekunden beschleunigt die 650er-Z aus
dem Stand auf die magischen 100 km/h. Die meist 30 bis 40 Kilogramm schwereren 750er
haben da ihre Mühe zu folgen, vor allem auf kurvigem Geläuf wirken deren Rösser
eher wie müde Arbeitspferde. Die Federelemente mit 140 Millimetern Federweg
vorn und 70 Millimetern hinten gelten unter Fachjournalisten als komfortabel. Nur
die Bremsanlage mit einer Scheibe vorn fordert bei sportlicher Fahrweise ein hohes
Maß an Schmalz im Ärmel. Die Dosierbarkeit wird dadurch nicht besser. Kawasaki
bessert 1978 beim Folgemodell B2 für Deutschland nach und stattet die
Mittelklasse-Z mit einer zweiten Bremsscheibe aus. Die Bremszangen sitzen hinter
statt vor den Tauchrohren, um die Trägheitsmomente um die Lenkachse zu
reduzieren. Die Schwinge ist nun in hochwertigen Nadellagern statt
verschleißanfälligen Kunststoffbuchsen geführt. Parallel zur B2 wird das Modell C2
vorgestellt, ursprünglich nur für den US-Markt vorgesehen. Enkei-Gusräder mit
sieben Speichen, eine Scheiben- statt einer Trommelbemse hinten sowie die
gefällige Lackierung in Metallic Stardust Silver (wie bei der Z1-R) sind die
wichtigsten Neuerungen. Außerdem vertreibt Kawasaki 1978 in Deutschland eine
auf 200 Exemplare limitierte Sonderserie namens Z650LTD, mit der in Deutschland
ein Markencup ausgefahren wird, allerdings nur für ein Jahr.

Populärer in Deutschland wird 1979 die C3 mit gelochten Bremsscheiben und
Sintermetallbelägen. Denn damit waren gut dosierte Bremsmanöver bei nassen
Bedingungen kein Hexenwerk mehr. Noch mehr auf Show machte aber im gleichen
Modelljahr die Z650SR mit 14,3-Liter-Tropfentank, etwas längerer, ein Grad flacher
angestellter Gabel, Highway-Lenker, 130er-Hinterradreifen mit 16 Zoll Durchmesser
und schön verschlungener Krümmeranlage à la Boa constrictor. Ausgerechnet
diese Krümmerrohre scheinen für die nicht ganz so füllige Leistungskurve zwischen
4000 und 6500/min verantwortlich zu sein. Das kann dem Erfolg der SR aber
keinen Abbruch tun, schon nach einem Verkaufsmonat rollt rund ein Drittel des
Jahreskontingents von 900 Maschinen auf Deutschlands Highways. Der
Softchopper trifft den Nerv der Zeit, cooler Auftritt zählt mehr als echte Muckis.
1981, im letzten Jahr für die SR, kommt die Z650F (Version F2) auf den Markt. Die
kontaktlose Zündanlage und eine zuverlässigere Zahnkette zum
Nockenwellenantrieb stammen von der neuen Z750E. Mit 67 PS liegt sie genau
10 Pferdestärken unter der größeren Schwester. Beim Modell F3 anno 1982 halten
dann auch die mittlerweile obligatorischen Gleichdruckvergaser Einzug ins 650er-
Fahrwerk – zur gleichmäßigeren Leistungsentfaltung. Die Kotflügel sind inzwischen
nicht mehr verchromt, sondern lackiert. 1983 folgt dann die letzte Version der
erfolgreichen 650er, die F4. Doch die Tage der luftgekühlten Z sind schon gezählt,
die neue R-Generation der GPZ-Modelle mit wassergekühlten Triebwerken steht
bereits vor der Tür.

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Mit dem Abverkauf von F4-Restbeständen in 1984 endet die Ära der Z650 – eines
Motorrads, das zwar immer ein wenig im Schatten der großen Z1 stand, in
technischer Hinsicht aber schon eine modernere Generation von
Reihenvierzylindern einläutete. Gleitgelagerte Kurbelwellen oder Einstellshims
zwischen Nockenwelle und Ventilschaft sind bis heute aktuell geblieben. Sie ist
ohne Frage ebenfalls eine Legende. Eine, die nicht dem Streben nach mehr
Hubraum gefolgt ist, sondern durch ein überzeugendes Motor-/Fahrwerkspaket die
Horde der 750er aufgemischt hat.

HIGHLIGHTS

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Z650 (B1), Modelljahr 1977

• Völlig neu konstruierter Reihenvierzylinder mit zwei oben liegenden Nockenwellen
• gleitgelagerte Kurbelwelle
• Einstellshims für die Justierung des Ventilspiels zwischen Tassenstößel und Ventilschaft
• Primärtrieb über Mehrfachzahnkette
• Super-Leistungsgewicht: 66 PS bei 220 kg Leergewicht (vollgetankt); 3,3 kg pro PS oder 0,3 PS pro kg
• handliches Fahrwerk mit gutem Komfort
• hochwertiges Design, angelehnt an die 900Z1

Fazit: Rasantes Design & leistungsfreudiger Reihenmotor & handliches
Fahrwerk = Das richtige Rezept zur Jagd auf 750er

DATEN
Kawasaki Z650
Motor Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, dohc, zwei Ventile pro Brennraum
Hubraum 652 cm³ Bohrung x Hub 62 x 54 mm Verdichtung 9,5:1 Leistung 66 PS (48,6 kW) bei 8500/min
Max. Drehmoment 56,8 Nm (5,8 mkp) bei 7000/min
Gemischaufbereitung Vier Mikuni-Schiebervergaser VM24SS, Ø 24 mm
Getriebe Fünfgang Hinterradantrieb Kette Rahmen Doppelschleifen-Stahlrahmen
Radstand 1420 mm Lenkkopfwinkel/Nachlauf 64 Grad/108 mm Sitzhöhe 830 mm
Federung vorn Telegabel, Ø 36 mm Federung hinten Stahlrohrschwinge mit zwei Federbeinen
Federweg vorn/hinten 140/70 mm Räder Drahtspeichenräder mit verchromten Stahlfelgen
Reifen vorn 3.25 H 19 Reifen hinten 4.00 H 18 Bremse vorn Scheibe, Ø 296 mm,
Einkolben-Schwimmsattel Bremse hinten Simplex-Trommel, Ø 180 mm
Leergewicht (fahrfertig) 220 kg Tankinhalt 17 Liter
Abgasreinigung keine
Höchstgeschwindigkeit 193 km/h

Farben Metallic-Grün, Metallic-Rot UVP (1977) 6700 DM

Kawasaki Z750E/L
Der Kurvenstar

Die rasante Entwicklung des Motorradmarkts Ende der Siebziger-/Anfang
der Achtzigerjahre ist natürlich bei Verkäufern wie Marketingstrategen sehr
willkommen, setzt die Ingenieure und Hersteller aber mächtig unter Druck.
Die Entwicklungsabteilungen zeichnen und schrauben sich die Finger wund.
Auch wenn Kawasakis 650er noch wenige Jahre zuvor den 750er-
Mitbewerbern eine lange Nase machte, so ist nun die Zeit gekommen, eine
echte Dreiviertelliter-Maschine auf die Räder zu stellen. Die unbestreitbaren
Qualitäten der 650er sollen aber erhalten bleiben. Dank vier Millimetern
mehr Bohrung (nun 66 mm) kommt man bei gleichbleibenden Hub von
54 Millimetern auf exakt 738,6 (gerundet 739) Kubikzentimeter Hubraum.
Neue Nockenwellen mit längeren Ventilöffnungszeiten und mächtige
34er-Keihin-Gleichdruckvergaser heben die Leistung von vormals 66 PS auf
hervorragende 77 PS an. Das maximale Drehmoment ist von 56,8 auf 63 Nm
gewachsen. Das Verdichtungsverhältnis bleibt gleich. Dass das Plus an maximaler
Performance mit einem leicht erhöhten Drehzahlbedarf einhergeht, ist bei
der Drehfreude des gleitgelagerten Reihenvierzylinders kein Nachteil. Denn
auch in den unteren Drehzahlregionen ist das 750er-Aggregat deutlich kräftiger
und im Vergleich zur mittlerweile meist vierventiligen Konkurrenz absolut
schlagkräftig. Eine in Kunststoffschienen geführte Mehrfachzahnkette zum
Nockenwellenantrieb ersetzt die vormalige einfache Rollenkette.

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Dem Fahrwerk ließ man nur geringfügige Änderungen hinsichtlich
Lenkkopfwinkel (63 statt 64 Grad) und Nachlauf (107 statt 108 mm)
angedeihen. Der Radstand wuchs um fünf auf 1425 Millimeter. Am Lenkkopf
kommen nun neue große Knotenbleche zur Versteifung dieser
fahrwerkstechnisch bedeutsamen Partie zum Einsatz. Die hinteren
Rahmenzüge unterhalb der Sitzbank sind tiefer angeordnet. Mit der
zusätzlichen Stufe im Sitzpolster wird eine Sitzhöhe von gerade mal
790 Millimetern möglich. Die Fußrasten sind etwas weiter hinten angeordnet,
der Fahrer kann sich nun bei höheren Geschwindigkeiten besser daran
abstützen. Die Z750E, Modelljahr 1980, setzt die Änderungen der Ingenieure
perfekt um. Die Spitze beträgt nun über 200 km/h. Durchzug und
Beschleunigung sind nicht zuletzt aufgrund der relativ kurzen Übersetzung
Paradedisziplinen von Kawasakis 750er. Damit muss man keinen Konkurrenten
fürchten, der Zweiventiler hat noch lange nicht ausgespielt. Das zeigt auch
der AMA-Superbike-Titel von Wayne Rainey 1983 auf einer GPZ750 mit dem
750er-Zweiventiler – ein Jahr nach Eddie Lawsons letztem Meistertitel darf
dort nur noch mit maximal 750 Kubikzentimetern angetreten werden. Auch
gegen die Z750E, sozusagen dem Standardbike, ist auf der Landstraße kein
Kraut gewachsen. Denn zur hervorragenden Motor-Performance gesellt sich
ein extrem leichtfüßiges Fahrwerk. Saure-Gurken-Zeit für alle potenziellen
Gegner, die häufig nur noch das Rücklicht der E sehen.

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Das Design mit dem rund geformten Tank der 650er und der gut
gepolsterten Sitzbank mit nun eckigem Bürzel und großem Rücklicht wird
aber schon ein Jahr nach Erscheinen der Z750E aktualisiert. Die Z750L
erhält einen größeren 22-Liter-Tank, eine entsprechend angepasste
Sitzbank mit dickerem Polster und einen neuen Vorderradkotflügel.
Insgesamt fällt die Linienführung des Motorrads nun kantiger aus. Auch die
Leistung wird später noch mal um drei auf 80 PS angehoben. 1984/1985
wird die Maschine schließlich als Z750 Sport (intern L4 genannt) verkauft,
das Heck trägt nun das Bürzel der aktuellen GPZ-Modelle mit
entsprechendem Rücklicht. Kawasaki hat seit Erscheinen der Z750E eine
Reihe weiterer Modelle mit diesem Antrieb ins Programm aufgenommen.
Von dem Softchopper Z750LTD (ab 1980) über die GPZ750 (ab 1981) bis
hin zur Z750GT (ab 1982) bietet Kawasaki ein breites Spektrum an
Einsatzmöglichkeiten für seinen allroundtauglichen 750er-Vierzylinder.
Erst 1985 hält mit der GPZ750R ein neuer wassergekühlter Vierzylinder
mit moderner Vierventiltechnik Einzug. Wer aber gedacht hat, dass
damit das Ende der luftgekühlten Zetts besiegelt ist, wird Anfang der
Neunziger durch eine neue Generation von spritzigen Retro-Bikes eines
Besseren belehrt.

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Download Flyer Z750L

DATEN
Kawasaki Z750E/L (1980/1981)

Motor Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, dohc, zwei Ventile pro Brennraum
Hubraum 739 cm³ Bohrung x Hub 66 x 54 mm Verdichtung 9,5:1 Leistung 77 PS (57 kW) bei 9500/min
Max. Drehmoment 63 Nm (6,4 mkp) bei 7500/min
Gemischaufbereitung Vier Keihin-Gleichdruckvergaser CVK34, Ø 34 mm
Getriebe Fünfgang Hinterradantrieb Kette Rahmen Doppelschleifen-Stahlrahmen
Radstand 1425 mm Lenkkopfwinkel/Nachlauf 63 Grad/107 mm Sitzhöhe 790/820 mm
Federung vorn Telegabel, Ø 36 mm Federung hinten Stahlrohrschwinge mit zwei Federbeinen
Federweg vorn/hinten 160/90 mm Räder Leichtmetall-Gussräder mit polierten Felgenrändern
Reifen vorn 3.25 H 19 Reifen hinten 4.00 H 18
Bremse vorn Doppelscheibe, Ø 260 mm, Einkolben-Schwimmsättel Bremse hinten Scheibe, Ø 260 mm,
Einkolben-Schwimmsattel Leergewicht (fahrfertig) 228/232 kg Tankinhalt 17,3 Liter
Abgasreinigung keine
Höchstgeschwindigkeit 201 km/h

Farben Rot/Silber, Blau UVP (1980/1981) 7460/7660 DM

Kawasaki Zephyr 750

Das Retro-Kultbike



Download Flyer

Niemand hätte Ende der Achtzigerjahre mit einer Renaissance der
luftgekühlten Vierzylinder gerechnet. Doch Kawasaki ist wieder mal der Zeit
voraus und tüftelt an einem neuen Konzept, um das verwöhnte
Motorradpublikum zu begeistern. Längst haben die Verkaufsleute erkannt,
dass man mit Leistungsfetischismus allein nicht erfolgreich sein kann. Zwar
geht im Supersportbereich mittlerweile mächtig die Post ab – die Grünen
haben mit der ZXR750 (flüssigkeitsgekühlter Vierzylinder, Leichtmetall-
Brückenrahmen, Leistung offen 107 PS) ein ganz heißes Eisen im Feuer.
Gleichzeitig rufen aber viele in der Motorradfahrergemeinde zur Besinnung
auf und sehnen sich nach simplen, aber optisch durchaus ansprechenden
Allroundmotorrädern zurück. Niemand ahnt, dass Kawasaki hier an einem
ganz heißen Rezept arbeitet. Als 1990 dann zur IFMA in Köln der Vorhang
fällt, ist das Publikum ganz aus dem Häuschen. Inmitten der
prestigeträchtigen Leistungs- und Hubraumboliden sowie Reise-Enduros
avancieren zwei nackte Vierzylindermotorräder mit luftgekühlten Motoren zu
den heimlichen Stars der Messe: die Zephyr 750 und ihre kleinere
Schwester Zephyr 550.

Vor allem die 750er erinnert mit ihrer runden Formensprache an die
legendäre 900Z1. Das motortechnische Grundkonzept geht allerdings auf
die Z650 zurück. Die Motordaten zeigen, dass hier die Z750E/L-Modelle
Pate standen. 66 Millimeter Bohrung und 54 Millimeter Hub ergeben immer
noch 739 Kubikzentimeter Hubraum. Selbst die Verdichtung blieb mit 9,5:1
gleich. Dank kleinerer Vergaser (nun 32 statt 34 mm Durchlass) und der
damit verbundenen höheren Gasgeschwindigkeiten setzt die Zephyr 750 voll
auf guten Durchzug, was durch die kurze Endübersetzung und die enge
Getriebeabstufung zusätzlich begünstigt wird. Die 72 PS bei 9500/min
werden jedenfalls sehr effizient umgesetzt und auf die Straße gebracht.
Großen Anteil daran hat das Fahrwerk, das mit klassischem
Doppelschleifenrahmen und stabiler Leichtmetall-Exzenterschwinge auch
aktuellen Ansprüchen genügt. Die beiden hochwertigen Federbeine mit
Ausgleichsbehälter hinten sind in der Federbasis fünffach, in
Dämpfungsdruck- und -zugstufe je vierfach einstellbar. Die 41-Millimeter-
Telegabel vorn kommt hingegen ohne Einstellmöglichkeiten aus und lässt
noch Spielraum für Optimierungen durch andere Federn und anderes Öl.
Gemeinsam mit der Doppelscheibenbremse nebst ordentlich zupackenden
Doppelkolben-Schwimmsattelzangen vorn und der Scheibe hinten hat
man ein Fahrwerkspaket zur Hand, das auf kurvenreichen Straßen ein breites
Grinsen ins Gesicht des Piloten zaubert. Die Zephyr 750 räubert im
Kurveneldorado also im besten Z750-Stil und hat dabei gerade mal
215 Kilogramm vollgetankt zu beschleunigen und einzubremsen – 13 Kilogramm
weniger als die frühere Z750E, 17 Kilogramm weniger als eine alte Z750L.

Das Bike wird neben der kleineren Schwester zum Verkaufsschlager,
Kawasaki hat wieder einmal einen echten Hammer aus dem Hut gezaubert.
Die Designlinie passt wie die Faust aufs Auge: bei Tank, Sitzbankbürzel,
Seitendeckeln und Motoroutfit ein paar deutliche Anleihen beim großen
Vorbild, der 900Z1; an anderen Stellen wie Federbeinen, Gussrädern,
Vorderradkotflügel oder Auspuffanlage wiederum modernere Züge. Die
rundlich geformten Aussparungen für die Nockenwellen am Ventildeckel gab
es so nicht an der Z750, sie sind klar der Z1 nachempfunden. Ein perfekter
Mix, der direkt ins Herz sticht.

Kawasaki schießt mit seinem Selbstbewusstsein anfangs sogar etwas übers
Ziel hinaus, indem man dem Bike Tankschriftzüge in Form des Zephyr-
Logos mit auf den Weg gibt, der Markenname hingegen auf den
Seitendeckeln Platz findet. Aus heutiger Sicht für manchen
Marketingfachmann ein Fauxpas, denn viele Nicht-Insider fragten: „Ist das
eine ganz neue Marke, Zephyr?“ Auf der anderen Seite wird die Neugier bei
eher Unbedarften dafür umso mehr geweckt, um welches Motorrad
beziehungsweise um welche Marke es sich da handelt. Auslegungssache,
wer am Ende richtig liegt! Fakt ist, dass sich die Zephyr 750 auch später mit
dem Markennamen auf dem Tank und dem Zephyr-Schriftzug auf den
Seitendeckeln super verkauft. So gut, dass man mit den Lieferungen aus
Japan nicht nachkommt. Der Einstandspreis von 9990 Mark macht den
Einstieg in die 750er-Retrowelt absolut erschwinglich. Als Gegenwert erhält
der Kunde nicht nur ein sehr schönes, sondern auch vielseitig einsetzbares
Motorrad. Egal, ob Sonntagmorgenritt, die Fahrt zur Arbeit, große
Urlaubstour oder Soziusbetrieb, hier ist wie in guten alten Tagen alles drin,
was zum Glücklichsein aus Motorradfahrersicht dazugehört. Selbst an einen
wartungsfreundlichen Hauptständer wurde gedacht. Die klassischen
Metallic-Lackierungen in Rot und Dunkelblau rücken das Naked-Bike-
Konzept ins richtige Licht. Ein Jahr später, 1992, gibt’s die 750er zusätzlich
in Dunkelgrün-Metallic. Und mit der großen 1100er kommt in jenem Jahr ein
weiteres Mitglied der erfolgreichen Zephyr-Familie hinzu.

1995, beim Modell C5, wird die Motorleistung der 750er auf 76 PS
angehoben. Mit diesem Motor ist auch die ein Jahr später erscheinende
Variante D1 ausgestattet, die das Klassikkonzept noch weiter ausreizt. Nun
lockt die Maschine mit formschönen Speichenrädern, Zweifarblackierung im
Stil der Z1 (Schwarz/Silber, Braunmetallic/Orange) und neuen
Bremsscheiben. Damit verhilft Kawasaki der nun schon seit vier Jahren
verkauften Zephyr 750 zu einem zweiten Schub. Der Preis ist mittlerweile
auf 12.990 Mark angestiegen. In Japan, dem Mutterland der Zephyr-
Modelle, gibt es längst spezielle Neoklassik-Rennkategorien (NK1), in denen
die vom „warmen Westwind“ (Übersetzung von Zephyr in der Sprache der
Antike) getriebenen Bikes um sportlichen Lorbeer rennen. Wer dabei nicht
an die frühen Tage der Z1 denken muss, hat eh kein Z-Herz.
Tuningexperten wie die von K’s Garage in Japan bieten sogar Umbausätze
mit Tropfentank, Seitendeckeln und Entenbürzel im Stil der legendären
900Z1 Super Four an. Das motorische Sahnehäubchen obendrauf ist ein
Powerkit mit 916 Kubikzentimeter Hubraum.

Trotz des großen Erfolgs in den ersten Jahren kommt auch für die Zephyr-
Reihe irgendwann das Ende. Das Motorradpublikum hat sich satt gesehen
am Naked-Bike-Kult, dem nach Kawasakis Zauberstreich auch andere
japanische Hersteller gefolgt sind. 1999 läutet die ZR-7 mit gleichem
Motorkonzept, aber moderner Fahrwerkstechnik inklusive Zentralfederbein
das Ende einer glorreichen Ära und den Anfang einer weiteren Z-Geschichte ein.

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DATEN
Kawasaki Zephyr 750 (C1, 1991)

Motor Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, dohc, zwei Ventile pro Brennraum
Hubraum 739 cm³ Bohrung x Hub 66 x 54 mm Verdichtung 9,5:1 Leistung 72 PS (53 kW) bei 9500/min Max.
Drehmoment 59 Nm (6,0 mkp) bei 7300/min Gemischaufbereitung Vier Keihin-Gleichdruckvergaser CVK32, Ø 32 mm
Getriebe Fünfgang Hinterradantrieb Kette Rahmen Doppelschleifen-Stahlrahmen Radstand 1455 mm
Lenkkopfwinkel/Nachlauf 62 Grad/107 mm Sitzhöhe 770 mm
Federung vorn Telegabel, Ø 41 mm Federung hinten Leichtmetall-Kastenprofilschwinge mit zwei Federbeinen und Exzentern
Federweg vorn/hinten 140/88 mm Räder Leichtmetall-Gussräder mit polierten Felgenrändern
Reifen vorn 120/70-17 58H Reifen hinten 150/70-17 69H
Bremse vorn Doppelscheibe, Ø 300 mm, Doppelkolben-Schwimmsättel Bremse hinten Scheibe, Ø 230 mm, Doppelkolben-Schwimmsattel
Leergewicht (fahrfertig) 215 kg Tankinhalt 17 Liter
Abgasreinigung keine
Höchstgeschwindigkeit 203 km/h
Farben Rot-Metallic, Dunkelblau-Metallic
UVP (1991) 9990 DM

[Text und Bilder Kawasaki Presse]
Grüße - Peter
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